Schürzen Schuster in Eibenstock

Heute verrate ich etwas über meinen Heimatort Eibenstock im Erzgebirge. Keine Angst, es wird interessant. Dort gibt es einen Betrieb, der die originalen Dederonschürzen, Beutel und Klammersäcke herstellt! Sie wissen schon, die echten mit weichem Griff, der einfachen Reinigung und den schier endlosen Kombinationen aus Blumen- und Pünktchenmustern.

Gegründet wurde das Familienunternehmen 1956 und spezialisierte sich zunächst auf die Herstellung von Kinderschürzen. Diese wurden in die ganze DDR verschickt. Heute werden hier auch Damenschürzen in jeder Größe genäht. Wer Sonderwünsche hat, wird freundlich bedient.
Zur Auswahl stehen verschiedene Schnitte, Längen und Muster. Sogar Einzelanfertigungen sind möglich.
Wenn Sie auch so „vintage-verrückt“ sind wie ich, stöbern Sie online unter: www.schuerzen-hersteller-verkauf.de und http://de.dawanda.com/shop/BirgitMaedler

schuerzenschusterUnd wenn Sie sowieso mal im Erzgebirge unterwegs sind, sollten Sie sich das traditionsreiche Schürzenhandwerk genauer ansehen. Gerne empfangen Sie Frau Mädler und ihr Team vor Ort nach telefonischer Rücksprache unter der Adresse:

Schürzenfabrikation H. Schuster, Inh. Mädler
Clara-Angermann-Str. 2
08309 Eibenstock
Telefon: 037752 2482

 

Musterbuch – Pos. 7

Blau-weißes Karomuster mit rotem Akzentstreifen
Material: Baumwolle, gewebt und bedruckt

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Das gezeigte Dessin verdeutlicht die Popularität karierter Stoffe als Arbeiterkleidung, in Sport- und Freizeitmode ab dem 19. Jahrhundert. Die ursprüngliche Herstellungstechnik dieses Kleidungsstoffes ist das Weben. Die Farbigkeit der Längsstreifen wird vor dem Webvorgang beim so genannten „Ketteschären“ festgelegt und kann später nicht mehr verändert werden. Ist der Webstuhl mit den farbigen Kettfäden eingezogen, werden die quer verlaufenden Fäden, der Schuss, eingetragen. Da sich jeweils ein Kettfaden und ein Schussfaden orthogonal treffen, entstehen diese typischen Fadenüberkreuzungen. Eine traditionsreiche und hohe Handwerkskunst stellt dabei die Herstellung der Schottenmuster, den so gen. Tartans, dar. Über Jahrhunderte wurden typische Farbkombinationen vererbt und repräsentieren eine jeweilige Familie oder einen ganzen Clan. Im Kontrast dazu steht die im 20. Jahrhundert beginnende Massenproduktion von karierten Stoffen durch Sieb- und Digitaldruck. Neben ökonomischen Vorteilen bot der Stoffdruck eine nahezu endlose Palette an Farbkombinationen. So konnte das Muster problemlos an aktuelle Modetrends angepasst werden und wurde einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich.
Das Besondere am Karo ist seine Vielschichtigkeit und seine ununterbrochene Beliebtheit. Es vermittelt unter anderem sportliche Eleganz und Naturverbundenheit. Es wirkt je nach Farb- und Materialzusammenstellung klassisch oder modern. Die Kittelschürze oben stammt aus dem norddeutschen Raum. Das blau-weiße Kolorit dürfte gerade dort sehr beliebt sein, zeigt es sich doch in vielen traditionellen Kleidungs- und Wohntextilien. Metaphorisch bedeutet es das Nebeneinander vom Blau des Himmels mit weißen Regenwolken und der „steifen Brise“ oder das Meer und seine Gezeitengischt. Die roten Linien dienen der optischen Erhöhung des Blau-Weiß-Kontrastes und bieten dem Auge eine angenehme Unterbrechung. Die wahrscheinlich traditionsbewusste Trägerin dieser Schürze legte Wert auf ein sportlich adrettes Äußeres, sogar bei der Hof- und Feldarbeit.

Kittelschürze in der Mode

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Dass sich die Kittelschürze als Dauerbrenner über jegliche modischen und politischen Veränderungen hinwegsetzt, unverstaubt auf Wochenmärkten zu kaufen ist und als symbolgeladenes Sujet in Kunst und Design zu finden ist, lässt sich nicht leugnen.

Die Berliner Modedesignerin Tutu Wagner hat sich 2010 in den Schürzenwald gestürzt und eine ganze Kollektion entworfen: „Kittelschürze 2.0“. Jawohl, eine Adaption von originalen Kittelschürzenstoffen (Achtung: Dederon!) fanden Verwendung für beispielsweise Collegejacken, Dolly-Kleider und Badeanzüge.

Inszeniert wurden die Teile in einem Mix aus Rock’n’Roll trifft 90er-Jahre-Punk, natürlich vorgeführt von echten ostdeutschen Models. Selbst auf der Berliner Fashionweek liefen die Kittelschürzen, und Lady Gaga soll auch schon ein Exemplar zugeschickt bekommen haben.

Generell verkaufen sich Jacke und Co. aus Dederon und Kuschelfleece vor allem in Amerika. Ab ca. 150€ können Sie auch ein Designerstück erstehen und das Beste daran ist: Ihre neue „Kittelcouture“ verleiht Ihnen paradoxer Weise sowohl nostalgische Akzente wie auch freche Jugendlichkeit. Mit einem Augenzwinkern schließen Sie sich der trendigen Antihaltung an und zelebrieren Ihr ausgeprägtes Selbstbewusstsein.

Musterbuch – Pos. 6

Multidirektionales geometrisches Allover-Dessin mit Pfeil-, Dreieck- und Strichmotiven
Material: Dederon, gewirkt und bedruckt

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Die dynamische Anordnung der Motive und das in Primärfarben gehaltene Kolorit zeigen einen starken Bezug zur Memphisbewegung der frühen 1980er Jahre. Die Antigruppe von jungen Möbel-, Textil- und Keramikdesignern rund um Ettore Sottsass fand ihren Anfang in Mailand und sollte die Designwelt in Aufregung bringen. „Form follows function“ war von gestern. Die knallbunten, mit einfachen geometrischen Grundformen ausgestatteten Objekte und Textilien sorgten weltweit sowohl für positive als auch negative Aufmerksamkeit. Interessant ist wohl vor allem, dass neuerdings eine Memphis- Renaissance eingesetzt hat. Junge Kreative setzen wie damals auf rebellische Farbkombinationen und kontrastieren mit ihren Entwürfen die beliebten minimalistisch und skandinavisch dominierten Designs der Gestaltungsindustrie.

Die wahrscheinlich in den 1980er bis Anfang 1990er Jahren entstandene Kittelschürze transportiert diese jugendlich-freche Anmutung. Pfeilmotive stammen aus dem indianischen Kulturkreis und haben eine starke symbolische Bedeutung, wie Mut, Tapferkeit und Entwicklung. Die junge Schürzenträgerin legte großen Wert auf ein modisches Erscheinungsbild und fühlte sich von dem fröhlichen Design bestimmt positiv beflügelt, ihre Arbeit zu erledigen.

Kittelschürze in der Malerei

Neulich erreichte uns ein Buch der Künstlerin Gisela Winter über einen Bilderzyklus mit dem Titel „Die Kittelschürze“. Neugierig durchgeblättert. Die Schürzenbilder fanden ihren Anfang 2001 in Olevano, Italien. Sie wissen schon, Vestaglietta und so.

„Seitdem breiten vielgestaltige Figuren auf ihren [Winters] Leinwänden bildfüllend Kittelschürzen aus,“ heißt es im Katalogtext. „Das Hauptmotiv ist die kreuzförmig streng axial angelegte Fläche des symbolträchtigen Kleidungsstücks, in dem sich nun statt der Harmlosigkeit mehr oder weniger geschmackvoller geometrischer und floraler Muster eine vielschichtige, manchmal ganz und gar nicht harmlose Bildwelt entfaltet.[..]
In den Gemälden kontrastiert die Banalität dieser Hauskleidung vielsagend mit der Erhabenheit religiöser Themen [..]“.

Die Kittelschürze XXIII. „Die Maske“, Öl auf Leinwand, 80 x 80 cm, 2011-12

Den broschierten Katalog für ca. 10€ (20 cm x 20 cm, 16 Seiten, 1. Auflage 2008, ISBN 978-3-89946-104-6) gibt es bei:
Verlag Rasch Gmbh und Co KG, Lindenstraße 47 in 49565 Bramsche. Online: http://www.rasch-verlag.de

Musterbuch – Pos. 5

Abstraktes geometrisches Dessin mit floralen Motiven
Material: Baumwolle, gewebt und bedruckt

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Dieses besonders fröhlich und jung anmutende Kittelschürzenmuster sticht vor allem wegen seiner ungewöhnlichen Farbstellung und der Verwendung motivbildender Kreise und Punkte aus der Masse heraus. Punkte und Kreise sind die mit Abstand am häufigsten verwendeten geometrischen Motive. Deren Symbolik von Unendlichkeit und als Kreis des Lebens ist genau so alt wie die Menschheit selbst und daher universal verständlich. Die Vollkommenheit eines Kreises steht für uns außerdem für Jugend, Harmoniebedürfnis, soziale Interaktion und Bindung, wie die Wörter „Freundeskreis“, „Eheringe“ und „Treffpunkt“ beweisen. Die symbolische Aufladung einer Form nennt man Designgedächtnis. Gestalter nutzen in ihren Produkten genau diese Verknüpfung, um spezielle Emotionen und Bilder bei ihrer Zielgruppe auszulösen.

In diesem Fall unterstützt auch der Farbkontrast Pink-Weiß-Ocker eine moderne und junge Anmutung. Die einfache weiße Blütenform erinnert an Gänseblümchen und Margeriten, die auf einer pinkfarbenen „Wiese“ angeordnet sind. Große Ähnlichkeit herrscht auch mit der bekannten „Prilblume“ aus den 1970er Jahren, die sich vom Abziehbildchen eines Spülmittelherstellers zum Symbol einer ganzen Generation entwickelte.

Diese jugendliche Kittelschürze stammt mit Sicherheit aus den Spät-1960ern bis 1970er Jahren und wurde privat als besonderes Stück von einer sehr modebewussten jungen Frau getragen.

Musterbuch – Pos. 4

Streifen und Bänderdessin mit geometrischen Figuren und abstrahierten Pflanzenmotiven
Material: Baumwolle, gewebt und bedruckt

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Warum gibt es nur wenige historische Kittelschürzen mit Streifenmuster?

Streifen, ob längs oder quer, sind immer wieder Gegenstand modischer Diskussionen. Eine sehr ernste Debatte zum Streifen begann im 14. Jahrhundert. Die weltliche sowie kirchliche Obrigkeit verurteilte farbenprächtige Längsstreifen als sündige und unchristliche Art, sich zu kleiden. Somit wurde das Streifendessin gewissen Randgruppen zugeschrieben und diente damit der gesellschaftlichen Aus- und Abgrenzung.

In jüngerer Vergangenheit gab es einige Berufsgruppen, die mit Streifenkleidung assoziiert werden, wie z.B. Marinesoldaten, Köche und Servicekräfte in Dienstleistungsberufen. Gerade der vom Matrosen inspirierte blau-weiße Streifenlook ist ein Dauerbrenner in der modernen Sommermode.

Das obige Muster besteht aus drei verschiedenen Streifen. Diese sehr unterschiedlich dessinierten und farblich gestalteten Bereiche gliedern mit ihrer Anordnung die Körperform der Trägerin. So betonen die floralen Bänder die längste Vertikale des Körpers von der Schulter, über die Brust, bis zur Mitte der Waden. Das hat nicht nur eine Figur-streckende Wirkung, sondern vermittelt eine anmutige und stolze Haltung. Die sich kontrastierenden blauen und roten Streifen dienen als auffällige Trennlinien, schmälern die Taillenlinie und definieren die Knopfleiste in der Mitte. Gerade der blaue Streifen erinnert an Häkelborten oder Lochmuster-Stickereien. Die Pflanzenornamente mit zentralem Granatapfelmotiv stellen eine starke architektonische Assoziation zu antiken Fries- und Säulenkapitell-Gestaltungen her.

Diese Schürze wurde mit großer Wahrscheinlichkeit als ‚besonderes Stück‘ im privaten Umfeld getragen und gehörte einer selbstbewussten Hausherrin.

Nylon, Perlon, Dederon

Was wäre die typische Kittelschürze ohne Chemiefaser, wie Nylon, Perlon oder Dederon? Eben.

Alle drei Begriffe beschreiben eine nahezu identische Kunstfaser, das Polyamid, welches aus Kohlenstoff, Wasser und Luft besteht. Interessanterweise wurde es vor ca. 60 Jahren zeitgleich in den USA (Nylon) und in der BRD (Perlon) erfunden. Auf Grund der immensen Rüstungsindustrie des 2. Weltkrieges erkannte man schnell die universalen Einsatzmöglichkeiten des Stoffes für beispielsweise Fallschirme, Flugzeugreifen und Bürsten zur Reinigung von Waffen. Neben der ganzen Kriegsmaschinerie wurde Nylon zur Herstellung von Zahnbürsten und Strumpfhosen verwendet.
Nach Kriegsende waren „Nylons“ ein Objekt der Begierde. Sie galten als absoluter Luxusartikel und wurden neben Ami-Zigaretten als Währung auf dem Schwarzmarkt gehandelt.
Polyamid feierte seinen Siegeszug in der Bekleidungsindustrie in den 1950er und 60er Jahren. In der DDR wurde Perlon unter dem symbolbehafteten Namen Dederon vermarket, der sich ganz kreativ aus DDR + on zusammensetzt. Um die Diskussion ein für alle Mal zu beenden: Perlon und Dederon sind das Gleiche.

Falls das Ihr Weltbild ins Wanken bringt, denken Sie an die positiven Eigenschaften dieser Kunstseide: sehr gute Reißfestigkeit, mottenbeständig, knitterfrei, gute Färbbarkeit und brillante Farbwiedergabe der Muster, sowie eine gewisse Steifigkeit, ein künstliches Gefühl auf der Haut und der zwangläufig entstehende Schweißgeruch!

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Bildquelle: http://www.rnz.de/cms_media/module_img/165/82809_1_org_image_84ee3c08a9b0270c8dc3dd0e8ea0c27e.jpg

Buongiorno Vestaglietta!

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Bildquelle: http://www.outsidernews.net/il-fascino-intramontabile-della-vestaglietta-da-sophia-loren-alle-fashion-blogger

Erotik und Kittelschürze: ist das nicht ein Widerspruch in sich? Weit gefehlt! Die Kittelschürze hat viele Facetten und polarisiert. Das Knistern und die Anschmiegsamkeit von zu engen Nylon- und Dederonschürzen und natürlich deren Transparenz ist für manch einen der Fetisch schlechthin.

Das Bild zeigt die italienische Schauspielerin und Sexsymbol Sophia Loren, die in den 1960er Jahren zum Weltstar wurde. Sie trägt oft eine Art Wickelschürze in ihren Filmen, in Italien „Vestaglietta“ genannt. Das heißt so viel wie: kleiner Morgenmantel oder leichtes Haus- und Sommerkleid und spielt auf dessen Verwendung in Schlafzimmer und Küche an. Auf italienisch klingt es auch gleich viel sinnlicher als auf deutsch.

In diesem Sinne, buon divertimento et a presto!

Musterbuch – Pos. 3

Abstraktes geometrisches unidirektionales Waffelmuster im Halbversatz
Material: Baumwolle, gewebt und bedruckt

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Neben floralen Mustern gehören geometrisch abstrakte Dessins seit jeher zu den Favoriten für Bekleidungs- und Heimtextilienstoffe. Da sich Kunst und Textilherstellung immer gegenseitig inspirieren, war es Anfang des 20. Jahrhunderts der geometrische Jugendstil, der mit seinen streng linearen Kreisen, Dreiecken und Quadraten ganze Räume auslotete. Es folgte unter anderem der Konstruktivismus als formgebende Inspiration für textile Flächengestaltungen. Der Gegenpol des musterreichen Jahrhunderts sollte die uniflächige Ära der 1980er und 90er Jahre werden.

Das abgebildete Muster ist als sehr modern einzuschätzen, weil das Tragen gemusterter Kleidung z.Zt. wieder total en vogue ist. Mit seinen Rauten, Punkten und Strichen, die wie Ausrufezeichen wirken, ist ein Waffelmuster dargestellt. Das entspricht einem Dessin, das in diagonalen Rautengittern angeordnete Figuren beinhaltet, die eng und kleinteilig beieinander liegen. Der Schwarz -Weiß- Kontrast steigert die strenge Anordnung des Musters.

Diese schwarze Baumwollschürze war auch damals schon ein modisches Statement und sticht mit ihrer Materialität und Gestaltung erheblich aus den grell farbigen Nylonschürzen heraus. Es könnte sich um ein privat oder beruflich genutztes Kleidungstück handeln. Mögliche Berufe sollten im Dienstleitungssektor zu finden sein, wie z.B. Friseurin, Einzelhandelsverkäuferin (Bäckerei o.ä.), Kellnerin.

Musterbuch – Pos. 2

Stilisiertes multidirektionales Blumenmuster auf unifarbenem Grund im Ganzversatz.
Material: Baumwolle, gewebt, bedruckt

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Blumen und Pflanzen im Allgemeinen sind seit jeher die beliebtesten Motive auf Bekleidungs- und Dekorationsstoffen. Das Muster oben zeigt stilisierte Blüten und ist somit ein typischer Vertreter des 20. Jahrhunderts. Die dargestellten Margeriten, Gänseblümchen und Glockenblumen sind arttypische Pflanzen unserer heimischen Wiesen und sollen in ihrer multidirektionalen Anordnung eine sommerlich-leichte Anmutung hervorrufen.

Die Farbe Blau ist typisch für Arbeitsbekleidung, wie z.B. der „Blaumann“ bei Klempner und Sanitärtechniker. In Verbindung mit der Kittelschürze assoziiert man gewissenhaftes und kontinuierliches Arbeiten, Seriosität, Loyalität aber auch Freundlichkeit. Das florale Dessin verleiht dem Kleidungsstück dabei das gewisse Extra.

Dieses moderne Modell hat mit der wohlbekannten Dederonschürze wenig gemein und ist wahrscheinlich erst in den späten 70er oder 80er Jahren entstanden. Es handelt sich hier um eine Schürze für den Hausgebrauch.

Alltagshelden

„Morgens bei der Hausarbeit - später beim Einkaufen - nachmittags im Garten - beim Kaffeestündchen mit der Nachbarin [...] im Kittelett sind Sie rund um die Uhr hübsch und praktisch gekleidet.“
(Zitat: Quelle-Versandkatalog F/S 1972 , S.85.)

Ja es gibt sie noch. Die Versandhäuser von heute verkaufen Kittelschürzen noch genauso wie in den 1960er und 70er Jahren. Die einzigen Unterschiede: heute wird in Farbe gedruckt, und die Zielgruppe ist älter geworden. Überraschend jung finde ich die Muster der 1960er im Gegensatz zu den heutigen immer gleichen Blümchendessins.

Alltagshelden, soso... Die Kittelschürze oder die Hausfrau?

Neckermann F/S 1966, S.143

Witt Weiden F/S 2016, Extraheft-Beilage, S.16

Hooverette

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Sears catalogue 1935 – women’s Hooverettes, aprons, smocks

Die Hooverette ist eine Art Wickelkleid mit Schließgürtel und aufgesetzten Taschen. Sie entstand in den USA nach dem ersten Weltkrieg und gilt als erste Erscheinungsform der uns bekannten Kittelschürze.
Namensgeber dieses kostengünstigen Arbeitskleides ist der 31. Präsident der Vereinigten Staaten Herbert Hoover, der zur Zeit der großen Wirtschaftsdepression Anfang der 1930er Jahre regierte. Er war äußerst unbeliebt bei der Bevölkerung, und sein Name musste auch für weitere negative Ausdrücke herhalten: „Hoover buggies“ waren schrottreife Autos, die sogar von Pferden gezogen wurden, und die Elendsviertel der obdachlos gewordenen Amerikaner wurden im Volksmund „Hoovervilles“ genannt.
Das Schürzenkleid erfreute sich trotz des Namens großer Beliebtheit. Der Schnitt schmeichelte jeder Figur, das Baumwollmaterial ließ sich angenehm tragen und so war man sogar bei schwerer Arbeit immer „ gut angezogen“.

 

 

Bildquelle:
Sears catalogue 1935 – women’s Hooverettes, aprons, smocks
Foto von genibee von Flickr (cc)

 

Musterbuch – Pos. 1

Abstrahiertes Allover-Streublumenmuster auf Karogrund im Ganzversatz (Gerader Rapport).
Material: Dederon (Polyamid), gewirkt, bedruckt

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Das Merkmal von Streumustern ist die multidirektionale Anordnung der Figur auf dem Grund. Indem die Blumen scheinbar hingestreut wurden, soll eine natürliche Dynamik des Motivs entstehen. Multidirektionale Muster werden gern bei Kleidungsstücken verwendet, da die Stoffe sich einfacher konfektionieren lassen und weniger Verschnitt anfällt.

Die dargestellte Blume ist abstrakt – ihre Form ist entweder frei erfunden oder könnte eine Art Windröschen (Garten-Anemone) darstellen. Geometrische Netze wurden schon immer im Textildruck verwendet. Hier ist es ein Karogrund, der den sonst einfarbigen Hintergrund aufwertet und die Fläche gliedert. Die Blumenmotive werden durch den in Kontrast gesetzten karierten Grund in ihrer Wirkung gesteigert, was auch durch die farbige Gestaltung unterstützt wird. Rot und Blau bilden einen Warm-Kalt-Kontrast, der durch Weiß jedoch abgemildert wird.

Ziel dieser ausbalancierten interessanten Flächengestaltung ist, wie bei Kittelschürzen üblich, Flecken oder Spritzer bei der Arbeit nahezu unsichtbar zu machen.

Kittelschürze kurz gefasst

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Das Foto zeigt Frau Heinz mit Großmutter und Urgroßmutter ca. 1992

Eine Kittelschürze ist aus pflegeleichtem und strapazierfähigem Material und hat immer mindestens eine aufgesetzte Tasche. Zu verschließen ist sie mit Knopfleiste vorn oder hinten, Bändern zum seitlichen Zubinden, zum Wickeln sowie manchmal mit Reißverschluss. Sie kann zusätzlich einen taillenbetonenden Gürtel haben oder rückwärtig mit der so gen. „Arschtrage“ ausgestattet sein. Es gibt sie in den Größen 36- 58 in lang und kurz (bis zum Knie), mit und ohne Ärmel, mit oder ohne Kragen und Ausschnitt, mit oder ohne Latz, mit Rüschen oder Biesen. Außerdem hat sie fast immer eine weiße oder farblich passende Paspel. Das Farbspektrum konzentriert sich auf Blau- Violett-Töne, Dunkelgrün, Rotnuancen oder Schwarz und Weiß. Die Dessins sind floral, geometrisch, gestreift oder uni.

Das Einzige, was sie wirklich nie ist: Gelb.